5G Broadcast auf dem Motorola RAZR 50 (Foto: RadioBlog.eu)
5G Broadcast auf dem Motorola RAZR 50 (Foto: RadioBlog.eu)

5G Broadcast: Wird das noch was?

Vergangene Woche hatte ich auf dem Mobile World Congress (MWC) in Barcelona die Möglichkeit, mir den aktuellen Stand in Sachen 5G Broadcast anzusehen. Die Vorführung am Messestand von Rohde & Schwarz sah auf den ersten Blick genauso aus wie in den vergangenen Jahren bei diversen Veranstaltungen, etwa auch auf der International Broadcasting Convention (IBC) in Amsterdam.

Eine Neuerung gab es aber doch: Bei der Präsentation in Barcelona kamen nicht nur Smartphone-Prototypen zum Einsatz. Mit dem Motorola RAZR 50 wurde auch ein Handy verwendet, das man ganz normal kaufen kann. Kann ich mir nun also dieses Mobiltelefon kaufen und überall dort, wo es Testsendungen gibt, 5G Broadcast empfangen? Leider nein, denn es wird immer noch eine spezielle Software benötigt, um den Empfang zu ermöglichen.

Stellt sich die Frage, warum Hersteller wie Motorola die 5G Broadcast Software nicht von Haus aus in die Smartphones integrieren? Wäre es nicht toll, damit werben zu können, als erster Hersteller dieses Feature anbieten zu können? Oder glaubt man bei der Geräteindustrie nicht so recht an den neuen mobilen TV-Standard?

Kein Termin für den Sendestart

Ehrlich gesagt glaube ich auch nicht mehr so richtig an 5G Broadcast. Wir bekommen seit Jahren Trials zu sehen, aber auch auf dem MWC konnte noch niemand einen konkreten Termin für den Sendestart nennen. Nicht einmal einen Fahrplan gibt es. Selbst öffentliche Pilotprojekte scheinen zumindest in nächster Zeit nicht geplant zu sein. Dabei steht doch mittlerweile fest, dass die aktuell für DVB-T2 genutzten Frequenzen auch künftig für den Rundfunk zur Verfügung stehen.

Warum die neue Übertragungsnorm für den Rundfunk nicht so richtig in Fahrt kommt? Darüber kann man nur spekulieren. Terrestrisches Fernsehen scheint generell nicht mehr so richtig „in“ zu sein, die Nutzung geht immer weiter zurück. In der Schweiz wurde DVB-T2 sogar schon abgeschaltet. Als Alternative zum Satellitendirektempfang und zum Kabelfernsehen gibt es dort nur noch Streaming.

Streaming funktioniert natürlich auch hierzulande – und das immer besser, weil die Mobilfunknetze immer weiter optimiert werden. Zwar gibt es immer noch kritische Stimmen, die überlastete Netze vorhersagen, wenn jeder streamt. Allerdings streamt ja nicht jeder, schon gar nicht mobil. Und daran wird sich vermutlich auch in Zukunft nicht viel ändern.

EPG bei 5G Broadcast (Foto: RadioBlog.eu)
EPG bei 5G Broadcast (Foto: RadioBlog.eu)

Mobiles Fernsehen war, ist und bleibt Nische

Wer erinnert sich noch an Watcha, den Versuch, mobiles Fernsehen über den DMM-Standard zu etablieren? Gut, das Angebot war kostenpflichtig. Es startete werbewirksam zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland, als es noch längst nicht selbstverständlich war, ein Handy zu haben. Aus Mangel an Akzeptanz wurde der Dienst wieder eingestellt.

Später bekamen wir DVB-H als neuen Standard für mobiles Fernsehen „verkauft“. Mehr als Testsendungen gab es nie. Und jetzt soll Mobil-TV mit 5G Broadcast richtig durchstarten? Ganz ehrlich: Zwar sind die Handy-Displays seit 2006 deutlich größer geworden. Spaß macht Fernsehen auf einem derartigen „Mäusekino“ aber nicht. Ich nutze mobiles Fernsehen per Stream, um Sportveranstaltungen unterwegs sehen zu können. Ich käme aber niemals auf die Idee, auf diesem Weg Unterhaltungsprogramme zu konsumieren.

Und wenn ich sehe, dass ich selbst während einer Fußball-Welt- oder Europameisterschaft meistens der Einzige in einem Restaurant bin, der TV-Streaming nutzt, zeigt das, welchen Stellenwert mobiles Fernsehen hat. Ich wage die Prognose, dass sich der Aufbau der Infrastruktur für 5G Broadcast schlicht nicht lohnt – und der Regelbetrieb nicht oder nur in einem sehr kleinen Umfang (Versorgung von Großstädten und deren Umfeld) aufgenommen wird.

Falscher Ansatz

Mir drängt sich allerdings auch der Eindruck auf, dass man bei 5G Broadcast einen völlig falschen Ansatz verfolgt. Zwar bestätigten auch die Mitarbeiter am MWC-Stand von Rohde & Schwarz, dass das Verfahren neben Fernsehen auch für Radio und Datendienste geeignet ist. Ich habe aber noch nie im Rahmen solcher Vorführungen erlebt, dass der Hörfunk eine Rolle gespielt hat.

Auch wird 5G Broadcast immer nur auf Smartphones oder bestenfalls Tablets gezeigt. Taugt die Übertragungsqualität etwa nicht für die Wiedergabe auf einem großen Smart-TV im Wohnzimmer? Zudem kommen immer nur Android-Smartphones zum Einsatz. Hat man Apple etwa nicht ins Boot geholt?

Meiner Ansicht nach hätte der Standard eine echte Chance, wenn man damit alle anderen terrestrischen Übertragungswege ablösen könnte: DVB-T2, DAB+ und UKW. Ein gemeinsames Sendernetz für TV und Radio wäre vermutlich auch wirtschaftlich sinnvoll. Doch das ist offenbar nicht geplant. Für das Radio bleibt auf absehbare Zeit DAB+ erhalten. Wie lange wir noch terrestrisches Fernsehen haben, bleibt abzuwarten. Aber 5G Broadcast erscheint mir unter den gegebenen Umständen chancenlos.