Was macht man, wenn man als Manager die Musik eines jungen, aufstrebenden Künstlers in die Medien bringen möchte, aber keine der etablierten Radiostationen will die Songs des noch unbekannten Musikers ausstrahlen? Ronan O’Rahilly hatte sich vor 60 Jahren, als er Manager von Georgie Fame war, zur Gründung eines eigenen Radiosenders entschieden.
Privatradio war in Großbritannien zu diesem Zeitpunkt noch nicht erlaubt. O’Rahilly brauchte also eine Möglichkeit, ins Vereinigte Königreich zu senden, ohne in Konflikt mit den Behörden zu geraten. Er entschied sich, nach Vorbild von Radio Merkur, Radio Nord und Radio Syd in Skandinavien sowie Radio Veronica in den Niederlanden einen Seesender zu gründen.
Sendestart am Ostersonntag 1964
Seesender, das bedeutete, das neue Privatradio sollte von einem Schiff in internationalen Gewässern senden – freilich in der Nähe der britischen Küste, sodass der Empfang im Zielgebiet bestmöglich war. Das ehemals dänische Schiff Fredericia wurde für die Zwecke als Offshore Radiostation ausgerüstet und drei Meilen vor der Küste von Essex verankert. Am Ostersonntag 1964 ging Radio Caroline auf Sendung.
Benannt wurde der Sender nach der Tochter des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy. Hintergrund war ein Foto, das zeigt, wie die kleine Caroline Kennedy ins Oval Office stürmte und ihren Vater bei der Arbeit störte. Die Regierung stören? Das passte gut zum neuen schwimmenden Radiosender. Somit war der Name für die Offshore Radiostation gefunden.
Vom Seesender zum legalen Privatradio
Bis 1990 sendete Radio Caroline – mit Unterbrechungen von 1968 bis 1972 und von 1980 bis 1983 – von hoher See. Dann startete die Station mit Sendungen über Satellit und im Rahmen von Restricted Service Licences, eine Art zeitlich befristetem Veranstaltungsfunk. Heute ist das Programm weltweit via Internet zu empfangen. In Großbritannien wird lokal auch über DAB+ gesendet.
Seit 2017 kann Radio Caroline auch wieder auf Mittelwelle senden – über einen ganz offiziell lizenzierten Sender, der ausgerechnet auf der früher vom BBC World Service genutzten Mittelwellenfrequenz 648 kHz arbeitet. Neben dem Hauptprogramm wird mit Caroline Flashback ein zweiter Kanal mit Oldies ausgestrahlt.
Ein Wochenende pro Monat wird in Zusammenarbeit mit Manx Radio das Programm von Radio Caroline North gesendet. Während die anderen Caroline-Programme im 21. Jahrhundert aus Studios an Land kommen, wird für Caroline North das Radioschiff Ross Revenge genutzt, das seit 1983 für Radio Caroline im Einsatz ist.
Erstempfang 1983
Mit Start der Sendungen von der MV Ross Revenge habe ich Radio Caroline kennengelernt. Ein 50-kW-Sender und eine 90 Meter hohe Antenne sorgten dafür, dass die Sendungen auf Mittelwelle 963 kHz auch in Mitteleuropa noch gut zu empfangen waren. Bis heute begeistert mich Radio Caroline, wo weniger kommerzielle Interessen, als vielmehr Enthusiasmus der Mitarbeiter das Programm bestimmen – und genau das hört man.
Viele andere Seesender gab es von Ende der 50er bis in die 90er vor Europas Küsten. Viel übrig ist von diesem nicht mehr – sieht man einmal von Nachahmern der glorreichen Namen wie Radio Nordsee International, Radio Mi Amigo und Radio Atlantis ab. Bei Radio Caroline handelt es sich noch heute um das Original-Projekt – mit Sendungen vom Schiff und mit Mitarbeitern, die schon während der Offshore-Ära für die Station gearbeitet haben.
Herzlichen Glückwunsch zum 60. Geburtstag. Möge Radio Caroline noch viele weitere Jahre auf Sendung bleiben. Ich bin als Hörer gerne, wie schon vor mehr als 40 Jahren, dabei. Noch bis heute Abend, 22 Uhr, läuft das Jubiläumsprogramm von Caroline North live von der MV Ross Revenge.