Österreich hat mittlerweile ein Angebot von 16 Hörfunkprogrammen, die überregional auf DAB+ verbreitet werden. Dazu kommen weitere 16 Programme im Großraum Wien. Weitere überregionale und regionale Sendernetze sollen folgen. Das Programmangebot ist vermeintlich attraktiv, gäbe es da nicht einen Schönheitsfehler. Mit dem öffentlich-rechtlichen Österreichischen Rundfunk und dem größten Privatsender des Landes, kronehit, verweigern bislang die beiden reichweitenstärksten Veranstalter ihre Beteiligung am terrestrischen Digitalradio.
Im Fall von kronehit ändert sich das jetzt. Bei Österreichs größtem Privatsender heuerte nicht nur der langjährige Ö3-Chef Georg Spatt an. Das Unternehmen bekundete auch die Absicht, im kommenden Jahr vier zusätzliche Hörfunkprogramme zu starten, die über DAB+ verbreitet werden. Möglich wird das durch die in diesem Jahr erfolgte Änderung des österreichischen Privatfunkgesetzes. Bis zu sechs zusätzliche Programme kann kronehit anbieten.
Kein Platz für neue UKW-Programme
Dass das österreichweit sendende Privatradio auf DAB+ setzt, ist freilich kein Zufall. Einerseits wäre auf UKW für eine derartige Expansion kein Platz (abgesehen davon, dass für die analoge Verbreitung die Neuregelung aus dem Privatradiogesetz nicht gilt). Auf der anderen Seite kann man durch eigene Angebote natürlich verhindern, dass neue Konkurrenz entsteht, die im Laufe der Zeit für sinkende Einschaltquoten bei kronehit verantwortlich sein könnte. Zu den Inhalten der vier Extra-Programme äußerte sich der Veranstalter noch nicht.
Unklar ist, ob kronehit nur seine neuen Spartensender oder auch das Hauptprogramm über DAB+ ausstrahlen will. Der Mitbewerber unter den bundesweiten Privatsendern, Radio Austria, hatte sich schon vor zwei Jahren einen Sendeplatz im überregionalen DAB+-Multiplex gesichert. Dieser ist derzeit ausgebucht, sodass kronehit auf den Sendeschluss eines Mitbewerbers hoffen oder auf die geplanten neuen Sendernetze warten muss.
Was macht der ORF?
Abzuwarten bleibt, ob sich der Österreichische Rundfunk weiter gegen einen Einstieg beim terrestrischen Digitalradio stellt. Bislang setzt der ORF auf sein analoges UKW-Sendernetz in Kombination mit der digitalen Verbreitung via Internet. Das kann man verstehen, denn nüchtern betrachtet bringt der DAB+-Einstieg dem ORF keinen einzigen zusätzlichen Hörer. Das UKW-Netz ist bis auf Ausnahmen sehr gut ausgebaut und die hervorragend ausgebauten Mobilfunknetze in der Alpenrepublik sorgen dafür, dass die digitale Verbreitung via Internet auch mobil perfekt genutzt werden kann.
Anders als die privaten Mitbewerber darf der ORF nicht mal eben ein neues Programm starten, das dann ggf. über DAB+ verbreitet wird. Wirklich attraktiv ist das terrestrische Digitalradio für den ORF somit nicht. Dennoch stellt sich die Frage, ob die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt dauerhaft an einem Verbreitungsweg vorbeikommt, der nicht nur in Österreich, sondern auch in den Nachbarländern von immer mehr Verbrauchern genutzt wird.