Ich nutze seit vielen Jahren VPN-Dienste, um vor allem geogeblockte amerikanische Radiostationen empfangen zu können. Lange Zeit war VyprVPN mein bevorzugter Anbieter. In letzter Zeit bin ich nicht mehr ganz so zufrieden. Vor allem beim Betrieb des VPN-Tunnels in einem Asus-Router kommt es immer wieder zu Verbindungsverlusten, sodass man die VPN-Verbindung über das Router-Menü neu starten muss.
Nun bot mir ExpressVPN den Test seines Dienstes an. Besonderheit bei diesem Anbieter ist das Angebot eines eigenen WLAN-Routers. Sprich: Man bekommt keine Liste mit empfohlenen Routern, wo man den VPN-Zugang eintragen oder – noch schlimmer – zuerst eine andere Firmware flashen muss. Nein, das Aircove genannte Gerät hat die passende Software bereits an Bord. Man muss sich nur noch mit seinem ExpressVPN-Account anmelden, und schon kann es losgehen.
Tests mit Apps
Soweit die Theorie. Doch wie waren meine Erfahrungen wirklich, die ich in den vergangenen Tagen gesammelt habe? Die ersten Tests mit ExpressVPN habe ich mit den Apps für iOS/iPadOS, Android und macOS durchgeführt. Hier arbeitet ExpressVPN für meinen Haupteinsatzzweck, also den Empfang von US-Radiostationen, einwandfrei.
Als ich am Dienstagabend das Fußball-Länderspiel Deutschland – Frankreich über Zattoo am iPad sehen wollte, gab es aber doch ein Problem: Nach wenigen Minuten zeigte Zattoo an, dass der Stream nicht weiter angezeigt werden kann, weil die IP-Adresse zu oft gewechselt wurde. Diesen Effekt kannte ich bereits vom in Tests immer wieder hochgelobten NordVPN.
Eigentlich sind diese IP-Wechsel gut gemeint. So wollen die VPN-Anbieter ihre Kunden bestmöglich schützen bzw. deren Standort verschleiern. Allerdings ist es kontraproduktiv, wenn manche Dienste damit nicht zurechtkommen und nicht funktionieren. Ich stellte anschließend vom Server „Schweiz“ in der ExpressVPN-App auf „Schweiz 2“ um. Danach funktionierte die Zattoo-Nutzung tadellos.
Dennoch muss man wohl befürchten, dass diese Fehler immer wieder vorkommen. Für Dienste, die bei IP-Wechseln „sensibel“ reagieren, sind ExpressVPN und NordVPN daher wohl weniger gut geeignet. Hier scheint mir Cyberghost die erste Wahl zu sein, das ja sogar Server betreibt, die speziell für Video-Streaming optimiert sind.
Tests mit dem Aircove-Router
Im nächsten Schritt habe ich den Aircove-Router getestet. Dieser benötigt einen Ethernet-Internet-Zugang (und verfügt selbst über vier LAN-Anschlüsse). Bei der Ersteinrichtung meldet man sich nicht nur bei ExpressVPN an. Der WLAN-Zugang lässt sich auch mit eigener SSID und Passwort ausstatten, man kann von der automatischen Kanal-Auswahl auf feste Kanäle umstellen usw.
Hier zeigt sich allerdings gleich eine Schwäche: Neben 2,4 GHz wird nur der untere 5 GHz Bereich unterstützt. Man will sich wohl die Radarerkennung sparen. Das hat aber den Nachteil, dass die Sendeleistung auf 5 GHz sehr schwach ist. In meiner Küche zeigt das Kathrein DAB+ 100 highline nur schwachen Empfang an. Das war oder ist mit dem Asus RT-AC86U oder einer AVM FRITZ!Box besser.
Was mich begeistert: Der VPN-Tunnel steht zuverlässig, auch über einen Zeitraum von mehreren Tagen. Es kommt zu keinen Verbindungsabbrüchen und – anders als zuletzt mit VyprVPN, NordVPN und auch Cyberghost im Asus-Router – habe ich als Anwender keinen Administrationsaufwand. Die Verbindung steht und ist stabil, so wie es sein soll.
Nicht alle Server arbeiten korrekt
Ich musste allerdings auch feststellen, dass nicht alle Server von ExpressVPN korrekt arbeiten. Wenn ich als Land über das Router-Menü (das anders als bei Asus responsiv und somit auch mobil gut zu bedienen ist) die USA auswähle, greift ExpressVPN gerne auf einen Standort in New Jersey zurück. Der ist richtig schnell, auch bei den Reaktionszeiten.
Aber über diesen Server konnte ich mit WLAN-Radios von Sangean, Kathrein und Hama einige Programme wie 95.5 KLOS aus Los Angeles und 96.3 KKLZ aus Las Vegas nicht empfangen. Ich dachte zuerst an ein senderseitiges Problem, aber wenn ich beispielsweise auf den VPN-Serverstandort Washington oder Los Angeles umstelle, klappt der Empfang einwandfrei.
Kurios: Wenn am Smartphone oder Tablet der Server in New Jersey genutzt wird, sind alle geogeblockten Programme problemlos zu hören. Warum speziell bei der Router-Nutzung der Fehler auftritt, ist mir unklar. Ich kann aber damit leben, wenn ich weiß, dass ich Dutzende weitere Server in den USA zur Verfügung habe, bei denen das Radio-Streaming einwandfrei funktioniert.
Fazit: Guter VPN-Dienst mit leichten Schwächen
ExpressVPN macht einen soliden Eindruck. Was mir nicht gefällt, sind die schon von NordVPN bekannten Probleme mit Zattoo. Man müsste regelmäßige Wechsel der IP-Adresse als Kunde zumindest unterbinden können, wenn Dienste genutzt werden, bei denen das ein Problem sein kann. Während ich für Radio-Streaming mit ExpressVPN liebäugele, komme ich fürs Fernsehen wohl nicht um ein zusätzliches Abonnement bei Cyberghost herum.
Was mir sehr gut gefällt, ist der für das VPN bereits vorbereitete Router. Plug and play, so muss es sein. Auch die Reaktionszeiten sind kürzer als bei anderen VPN-Diensten. Sehr gut ist das responsive Menü. So fällt die manuelle Server-Auswahl auch vom Handy aus leicht. Das Problem mit dem Server in New Jersey (das auch beim Server in New York auftritt), ist einerseits seltsam. Andererseits habe ich es auch schon bei VyprVPN und NordVPN erlebt, dass die Serverstandorte nicht so erkannt wurden, wie es eigentlich gedacht ist.
Einen 100-prozentig zuverlässigen VPN-Dienst „für alles“ gibt es vermutlich nicht. Ich kann ExpressVPN nun für ein Jahr testen und werde den Dienst über diesen Zeitraum für den Radioempfang nutzen. Von VyprVPN werde ich mich – zumindest vorübergehend – trennen, während Cyberghost wohl für Video-Streaming unverzichtbar bleibt.