Der öffentlich-rechtliche spanische Rundfunk RTVE will seine Verweigerungshaltung gegenüber dem terrestrischen Digitalradio DAB+ aufgeben. Das berichtet das Onlinemagazin Radiovisie unter Berufung auf eine Veranstaltung, die darauf abzielte, die DAB+-Einführung in Spanien zu beschleunigen. RTVE wolle seine Dienste „in allen Umgebungen“ anbieten. Dazu gehöre auch das terrestrische Digitalradio.
Ángel García Castillejo, bei RTVE für audiovisuelle Medien verantwortlich, sprach im Rahmen der Veranstaltung von der „iberischen Ausnahme“. Spanien und Portugal verzögern die Digitalradio-Einführung seit vielen Jahren, während andere europäische Länder diesbezüglich viel weiter sind.
García Castillejo plädierte ohne Umschweife für einen schnellen Einstieg in DAB+. Aktuell sendet RTVE noch im alten DAB-Standard – und auch das nur in Madrid und Barcelona. „DAB ist längst überholt. Wir können die Entwicklung vom analogen zum digitalen Radio nicht länger ignorieren und erwägen die Möglichkeit – nur mit dem öffentlichen Sektor, aber hoffentlich zusammen mit den privaten Veranstaltern – den Übergangsprozess vom analogen Radio zu DAB+ schnell zu vollziehen„, so García Castillejo.
Die Mittelwelle muss weg
Zugunsten der DAB+-Einführung müsse zunächst die „umweltschädliche und ineffiziente“ Mittelwelle abgeschafft werden, die nach Angaben des Sprechers insgesamt nur noch von knapp einem Prozent der Hörer genutzt wird. Er sagte auch, dass in Spanien bereits vier Millionen Autos mit DAB+ ausgestattet sind. „Dieses Band wird jetzt schnell von Piratensendern in Anspruch genommen. Das ist ein großer Schneeball„, erklärte García Castillejo unverblümt. Außerdem sei der Anteil der Radiohörer im Auto in Spanien einer der höchsten in Europa.
Im Frühjahr wurden Bestrebungen privater Programmanbieter bekannt, DAB+ in Spanien zu etablieren. Erste Multiplexe wurden bereits in Betrieb genommen. Der weitere Netzausbau ist bereits geplant. Dabei wird eine Art rechtliches Vakuum ausgenutzt. Das meint García Castillejo möglicherweise mit dem Begriff „Piratensender“.
Ganz so einfach ist die Rechtslage allerdings nicht. Auf lokaler Ebene können sehr wohl DAB+-Lizenzen vergeben werden. Die Zentralregierung in Madrid hat dabei kein Mitspracherecht. Gleichwohl wäre ein koordiniertes Vorgehen aller Beteiligten wünschenswert – schon allein zur Ausgestaltung einer möglichst effizienten Frequenzplanung.