Spanien war bislang eher zurückhaltend, wenn es um den Auf- und Ausbau des terrestrischen Digitalradios DAB+ geht. Zwar gibt es einige lokale Projekte, etwa auf den Kanarischen Inseln. Dazu kommen lokale Sendernetze für Madrid und Barcelona, die noch aus Zeiten des alten DAB-Standards stammen. Überregionale Multiplexe sucht man aber vergebens. Das könnte sich in den kommenden Monaten ändern.
Der Betreiber Hola DAB und das spanische Telekommunikationsunternehmen Ibertel Telecom, das rund 600 Sendemasten betreibt, arbeiten zusammen, um in einer ersten Phase noch vor dem Sommer DAB+ in 18 spanischen Stadtregionen einzuführen. Dabei wurde das terrestrische Digitalradio in Spanien offiziell noch gar nicht als Rundfunkstandard anerkannt.
Rechtliches Vakuum ausgenutzt
Ibertel und Hola DAB nutzen jetzt eine Art rechtliches Vakuum aus. So sind DAB+-Sendungen nicht ausdrücklich verboten, auch wenn die Regierung den Standard noch nicht offiziell anerkannt hat. Die Sendelizenzen werden auf lokaler Ebene erteilt. Hier hat die Zentralregierung kein Mitsprachrerecht.
Viele autonome Regionen haben in den letzten Jahren die ihnen zugewiesenen DAB-Frequenzen für unbelegt erklärt. Dies geschah mehr oder weniger „notgedrungen“, wenn auch meist rein formal (um die Frequenzen nicht wieder zu verlieren) und ohne weitere Förderung. Dieser Fall ist sogar noch Gegenstand eines Verfahrens vor dem spanischen Verfassungsgericht.
Im Ergebnis stehen also vielerorts freie Frequenzen zur Verfügung. Diese Kapazitäten können auf einfachen Antrag zugewiesen werden. Genau das streben Ibertel und Hola DAB nun offenbar an. Potenzielle Hörer gibt es durchaus, denn auch in Spanien dürfen keine neuen Autos ohne Digitalradio-Empfang mehr verkauft werden, sodass rund ein Viertel der Fahrzeuge im Land bereits mit DAB+-Radio ausgestattet sind.
Ibertel: „Technische Antwort auf Passivität der Regierung“
„Diese Initiative ist eine technische Antwort auf die absolute Passivität der Regierung bei der Förderung des digitalen Radios in Spanien, anders als bei DVB-T“, so Ibertel in einer Ankündigung. Es scheint also, dass beide Akteure den Zugang zu DAB+ in Spanien mit der Brechstange erzwingen wollen.
Inzwischen ist die Einführung in vollem Gange. In 18 städtischen Regionen werden noch vor dem Sommer eigene Multiplexe mit regionalen Angeboten gestartet: Albacete, Asturien, Burgos, Cordoba, Granada, Guadalajara, Las Palmas, Madrid, Málaga, Mallorca, Murcia, Pamplona, Sevilla, Teneriffa, Valencia, Valladolid, Vigo und Zaragoza.
Erste Sendernetze sind bereits gestartet, so zum Beispiel in Murcia mit 14 Programmen und in Valencia mit 25 Sendern. Gesendet wird auch schon in Córdoba, Madrid, Sevilla und auf Teneriffa. Bis zu 26 Programme pro Mux sollen Ibertel und Hola DAB ausstrahlen. Perspektivisch soll auch ein landesweites Sendernetz entstehen, das rund 95 Prozent der spanischen Bevölkerung abdeckt.