Als ich im Sommer 2018 die Möglichkeit hatte, die Studios von Hitradio Ö3 zu besuchen, erfuhr ich erstmals von den Plänen, den Video-Livestream auf der Webseite des Senders aufzuwerten. Rechtliche Hürden verhindern bisher die Umsetzung der Idee, die Video-Clips der gerade laufenden Musiktitel in den Stream einzubeziehen.
Jetzt könnte Bewegung in die Sache kommen, denn die Medienbehörde KommAustria hat dem Österreichischen Rundfunk grünes Licht für den Start des Angebots „Ö3 Live / Visual“ gegeben. Dabei ist genau beschrieben, wie der Stream aussehen soll. Demnach soll „der Musikanteil des Programms durch Musikvideos und der Wortanteil durch einen Videostream begleitet werden, der den Nutzern über mehrere Kamerapositionen den Blick ins Sendestudio ermöglicht.“
Im Rahmen eines Auftragsvorprüfungsverfahrens, in das der Public Value Beirat und die Bundeswettbewerbsbehörde einbezogen waren, stellte die Behörde fest, dass „das neue Angebot einen Beitrag zur gesetzlich geforderten Erfüllung der sozialen, demokratischen und kulturellen Bedürfnisse der österreichischen Bevölkerung und zur wirksamen Erbringung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags leiste„.
Da das Programm von Ö3 und dessen Musikanteil unzweifelhaft Teil des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags seien, „sei es für die Erbringung dieses Auftrages positiv zu bewerten, wenn Weiterentwicklungen, die insbesondere den Veränderungen der Mediennutzung und den Möglichkeiten der Medientechnologie geschuldet sind, das bestehende Angebot attraktiver gestalten, den Übertragungsweg stärken und für weitere Zielgruppen attraktiv machen„.
KommAustria: „Keine negativen Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation“
Nach Ansicht der KommAustria sind von dem neuen Angebot auch keine negativen Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation und Angebotsvielfalt zu befürchten. „Ö3 Live / Visual“ werde nicht zusätzlich werblich vermarktet und reihe sich auf einem Nischenmarkt in ein Angebot von zehn frei empfangbaren Musik-Fernsehprogrammen ein. Es sei nicht zu erwarten, dass Zuschauer der bestehenden Angebote in großer Zahl zum neuen Online-Angebot des ORF abwandern werden. Bei recht niedrigen Lizenzkosten für die Nutzung von Musikvideos, hätten zudem grundsätzlich alle Marktteilnehmer ähnliche Möglichkeiten, ein derartiges Angebot bereitzustellen.
Nach einem mehrjährigen Zug durch alle rechtlichen Instanzen, hatte die Medienbehörde KommAustria ab Februar 2022 erneut über das Angebotskonzept des ORF zu entscheiden. Schon 2015 lehnte die Behörde das neue Angebot zunächst ab, weil sie es als ein zusätzliches Fernsehprogramm bewertete, das über den in Paragraph 3 ORF-Gesetz festgelegten Versorgungsauftrag des ORF im Hinblick auf bereitzustellende Fernsehprogramme hinausginge und somit nicht zulässig sei. Aufgrund einer Beschwerde des ORF gegen diese Entscheidung waren in der Folge das Bundesverwaltungsgericht (BVwG), der Verfassungsgerichtshof (VfGH) und der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) mit der Angelegenheit befasst.
Verwaltungsgerichtshof hob negative Entscheidung auf
Der VwGH hob im Oktober 2021 die den Bescheid der KommAustria bestätigende Entscheidung des BVwG auf und lieferte in seiner Begründung grundlegende Erkenntnisse zur Auslegung des öffentlich-rechtlichen Auftrags des ORF. Danach zähle, neben der Veranstaltung von „klassischen“ Rundfunkprogrammen, auch die Bereitstellung von mit Rundfunkprogrammen im Zusammenhang stehenden Online-Angeboten zum Versorgungsauftrag des ORF. Dabei unterscheide das ORF-Gesetz einerseits zwischen der Veranstaltung von „klassischem“ Rundfunk und andererseits der Bereitstellung von Online-Angeboten. Damit sehe das Gesetz eine differenzierte Behandlung dieser beiden Medien vor. So hatte die KommAustria ab Februar 2022 neu in der Angelegenheit zu entscheiden.
Der Haken an der Sache: Der Bescheid der KommAustria ist noch nicht rechtskräftig. Innerhalb von vier Wochen sind Beschwerden beim österreichischen Bundesverwaltungsgericht möglich. Bis die Verbesserungen für den Video-Livestream von Hitradio Ö3 tatsächlich umgesetzt werden, kann es also noch etwas dauern.