Als Schwarzwaldradio Ende August 2016 seinen Sendebetrieb im ersten bundesweiten DAB+-Multiplex aufnahm, sorgte das Classic Hits Programm für große Begeisterung. Noch heute bietet die Oldiewelle aus Offenburg ein Musikformat, das einzigartig ist. Kaum eine andere deutsche Radiostation kann von sich behaupten, eine fünfstellige Anzahl an Musiktiteln in der Rotation zu haben.
Auch Radiohörer, die mit Oldies nichts anfangen konnten, haben den Sender von Anfang an akzeptiert. Die Stimmung „drehte“ sich allerdings, als im zweiten überregionalen deutschen DAB+-Multiplex gleich mehrere Programme starteten, die auf den ersten Blick ein ähnliches Format bieten. Zu Absolut Oldie Classics gesellten sich im Laufe der Zeit 80s80s und Nostalgie.
Auch in regionalen DAB+-Ensembles setzen sich Programme mit Musik-Klassikern immer mehr durch. Anfang 2022 ging die Oldie Antenne als Ableger von Antenne Bayern auf Sendung. Wenige Wochen zuvor startete Arabella Bayern landesweit im Freistaat durch. harmony.fm in Hessen hat sein Musikformat schon vor gut einem Jahr geschärft und setzt nun ausschließlich auf Songs aus den 80er Jahren.
Manche Radiohörer fragen sich mittlerweile, ob wir wirklich so viele Oldiesender auf DAB+ brauchen. Auf den ersten Blick ist das Classic Hits Format in der Tat etwas überrepräsentiert. Dabei gilt es aber auch, Unterschiede zwischen den genannten Programmen und ihren Mitbewerbern zu berücksichtigen. Oldiesender ist nicht gleich Oldiesender.
Große musikalische Bandbreite bei Schwarzwaldradio
Schwarzwaldradio setzt auf ein Repertoire aus rund 40.000 Songs. Diese große musikalische Bandbreite fehlt den Mitbewerbern des Programms. Zudem wird das Tagesprogramm live moderiert – und das hört man. Hier sprechen echte Menschen zu ihren Hörern, keine leblosen Computer mit vorproduzierten Voicetracks.
Das Programm wird mit Herzblut produziert, aber nicht jeder mag Schwarzwaldradio. Die große musikalische Bandbreite ist nämlich auch dafür verantwortlich, dass der Sender für den formatradiogewöhnten Zeitgenossen nur schwer „durchhörbar“ ist. Bei anderen Oldiesendern erlebt man weniger musikalische Überraschungen – und genau deshalb haben auch diese Programme ihre Fans.
Absolut Oldie Classics setzt auf Musik aus den 70er und 80er Jahren und ist somit „älter“ als beispielsweise 80s80s und Nostalgie. Leider ist Absolut Oldie Classics bis heute unmoderiert. Das Programm ist daher tatsächlich verzichtbar. Wer nur Musik hören will, ist bei einem Streamingdienst besser aufgehoben.
Nostalgie spielt schwerpunktmäßig Musik aus den 80er Jahren, hat aber auch Songs aus den 70ern und 90ern im Programm. Leider wirkt die (voicegetrackte) Moderation völlig lust- und emotionslos. Der Sonntag ist mittlerweile sogar komplett unmoderiert. Aus diesem Programm könnte Radio Energy als Veranstalter mehr machen.
80s80s punktet mit abendlichen Specials
80s80s, die Mutter aller 80er Jahre Radios in Deutschland, ist da schon ein anderes Kaliber. Zwar wird die Moderation auch voicegetrackt. Dennoch fühlt man sich als Hörer gut begleitet. Neben vielen Standards hat die Regiocast-Welle auch die eine oder andere musikalische Überraschung parat, vor allem in den allabendlichen Spezialsendungen ab 20 Uhr.
harmony.fm in Hessen punktet mit seinen auf das Bundesland zugeschnittenen Nachrichten. Wer aus Hessen kommt, bekommt so neben Musik der 80er Jahre auch Basis-Informationen aus seiner Region. Leider schickt der FFH-Ableger seine Hörer schon um 18 Uhr ins Bett, statt abends zumindest unmoderierte Musik-Specials zu senden. Am Wochenende sendet harmony.fm unter dem Motto „gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu hören“ – na ja, zumindest keine Moderation. Das ist eindeutig zu wenig, zumal das Programm neben DAB+ auch über eine Reihe von UKW-Frequenzen verfügt.
Arabella Bayern baut Programm sukzessive aus
Arabella Bayern setzt seit dem Herbst 2021 auf Musik der 70er, 80er und 90er. Das gefällt mir persönlich recht gut, aber das ist freilich Geschmackssache. Das moderierte Programm wird sukzessive ausgebaut. Werktags ist immerhin die Strecke von 6 bis 15 Uhr mittlerweile durchmoderiert. Dazu kommen seit wenigen Tagen die „80er vor 8“. Nur am Wochenende glänzen die Moderatoren mit Abwesenheit. Bleibt zu hoffen, dass sich das noch ändert.
Die Oldie Antenne kommt mit Musik der End-50er bis in die 90er Jahre der Bandbreite von Schwarzwaldradio am nächsten – wenn auch mit viel kleinerer Rotation. Dafür klingt die Musikauswahl etwas stimmiger als beim Mitbewerber aus der Ortenau. Die Moderation ist leider voicegetrackt – und das merkt man. Dennoch punktet die Oldie Antenne durch Radiolegenden wie Stephan Lehmann, Victor Worms und Uwe Bahn, um nur drei Beispiele zu nennen.
Kurzum: Programmen wie Schwarzwaldradio, 80s80s, Arabella Bayern und der Oldie Antenne höre ich gerne zu. Dazu kommen beispielsweise die Oldie Welle aus Nieder- und Oberbayern und R.SA aus Sachsen. Jedes dieser Programme hat auf seine Art eine Berechtigung, und ich bin froh, diese über DAB+, UKW oder im Stream hören zu können.
Dann gibt es aber halt auch Kandidaten wie Absolut Oldie Classics oder Nostalgie, denen ich keine Träne nachweinen würde, weil sie bis heute nicht einmal ein richtiges Radioprogramm ausstrahlen. Diese Winamps mit angeschlossenem DAB+-Multiplexer wirken eher wie Platzhalter für Programme, die vielleicht irgendwann einmal starten können. Ich würde es kaum bemerken, wenn sie abgeschaltet werden würden.