Senderstandort Fulda-Hummelskopf (Foto: SmartPhoneFan.de)
Senderstandort Fulda-Hummelskopf (Foto: SmartPhoneFan.de)

DAB+: Freud und Leid mit Gleichwellennetzen

Die Möglichkeit, Gleichwellennetze (Single Frequency Networks, kurz SFNs) einzurichten, ist einer der großen Vorteile bei DAB+. So ist es beispielsweise möglich, im Kanal 5C den Deutschlandfunk oder Schwarzwaldradio quer durch ganz Deutschland zu empfangen. Frequenzwechsel entfallen, und die Sender ergänzen sich je nach Region gegenseitig.

Ggf. empfängt man ein Programm parallel von mehreren Senderstandorten und mit viel besserem Signal als von einem einzigen Funkturm. Ich konnte mich schon in den 90er Jahren – zu Zeiten des „alten“ DAB-Standards – von der sehr guten und im mobilen Betrieb über hunderte von Kilometern gleichbleibenden Empfangsqualität überzeugen.

Die Technik hat aber auch ihre Tücken. Ist das Sendernetz nicht exakt aufeinander abgestimmt, so stören sich die Signale von verschiedenen Standorten unter Umständen gegenseitig. Zudem kann ein Multiplex nicht unbedingt für optimalen Empfang am Rande des Versorgungsbereichs eingerichtet werden. Grund: Die Signale von verschiedenen Standorten kommen unter Umständen mit zu hohen Laufzeitunterschieden an.

SWR Baden-Württemberg: Wechselhafter Empfang ein SFN-Problem?

Laufzeitunterschiede zwischen mehreren Sendern im Gleichwellennetz könnten in Verbindung mit wechselhaften physikalischen Ausbreitungsbedingungen auch der Hintergrund des instabilen Empfangs sein, den ich beim Südwestrundfunk-Multiplex für den Norden von Baden-Württemberg beobachte. Dieser arbeitet im Kanal 9D und ist an meinem Standort in Biebergemünd-Bieber vor allem vom Standort Hardberg/Odenwald zu empfangen.

Stark ist das Signal hier nicht. Schließlich ist mein Standort Richtung Süden abgeschattet, und der SWR sendet vom Hardberg nur mit 2 kW. Seit Aufschaltung des Senders beobachte ich immer wieder Zeiten, in denen der Multiplex stabil und nahezu ohne Störungen zu empfangen ist. Zu anderen Zeiten ist das Signal unbrauchbar, und es kommen nur hin und wieder kurze Audiofragmente durch.

Ich konnte diese Probleme wenige Monate nach Aufschaltung des Senders Hardberg beobachten. Nach Inbetriebnahme des Privatradio-Multiplexes für Nordrhein-Westfalen im Herbst 2021 – ebenfalls im Kanal 9D – wurde der SWR-Empfang nahezu unbrauchbar. Mittlerweile hat sich die Situation wieder verbessert.

Ich vermute nach wie vor, dass der neue Multiplex aus Nordrhein-Westfalen an meinem Standort den SWR-Empfang aus dem Odenwald stört. Ich denke mittlerweile aber auch, dass ich je nach Ausbreitungsbedingungen neben dem Sender Hardberg noch weitere Standorte aus dem SWR-Netz empfange, und es dabei aufgrund zu hoher Laufzeitunterschiede zu Störungen kommt.

Hessen-Nord-Mux: Ein Sender ist besser als zwei

Den Privatradio-Multiplex für Nordhessen konnte ich im Kanal 6A von Anfang an empfangen. Damals kam das Signal vom Standort Biedenkopf (Sackpfeife). Als eineinhalb Monate später der Sender Fulda (Hummelskopf aufgeschaltet wurde, verbesserte sich der Empfang. In den vergangenen Monaten hatte ich aber den Eindruck, dass ich dieses DAB+-Ensemble nicht mehr ganz so gut empfange wie nach dem Start vor fast vier Jahren.

Vergangene Woche wurden Wartungsarbeiten am Sender auf der Sackpfeife durchgeführt. Dazu mussten die Strahler mehrfach kurz abgeschaltet werden. Während dieser Zeit vermeldete ein Hobbyfreund aus Mittelhessen deutliche Empfangsverschlechterungen. An meinem Standort hatte sich der Empfang des Nordhessen-Muxes hingegen deutlich verbessert. Als der Sender Biedenkopf wieder lief, war das Signal wieder schlechter. Sprich: Im Normalbetrieb stören sich die Sender Biedenkopf und Fulda im hessischen Spessart gegenseitig.

Rätselhafte Effekte auch beim MDR-Empfang

Nicht zuletzt gab der Empfang des DAB+-Multiplexes des Mitteldeutschen Rundfunks in Hessen Rätsel auf. Manche Hörer berichteten teilweise von Verschlechterungen. An anderer Stelle hatte sich der Empfang sogar verbessert. Ich habe seit Inbetriebnahme des Senders Kreuzberg/Rhön für das MDR-Thüringen-Ensemble im Kanal 8B stets stabilen Empfang. Schwankungen gab es in Biebergemünd-Bieber nicht. Vermutlich stören bei einigen Hörern weiter entfernte Standorte bei Überreichweiten hin und wieder den Empfang des „Hauptversorgers“ aus der Rhön.

Diese Schwankungen sind unschön. Sie sorgen dafür, dass manche DAB+-Multiplexe nicht überall stabil zu empfangen sind. Man muss aber der Fairness halber sagen, dass solche Effekte in der Regel nur am Rande des Empfangsgebiets auftreten. Bewegt man sich innerhalb einer Region, die vom Sendernetz offiziell versorgt wird, hat man es kaum mit Laufzeitunterschieden zu tun, die die Empfangsqualität trüben könnten.