Im Herbst 1986 konnte ich auf UKW 91,6 MHz erstmals einen leeren Träger empfangen. Ein Mitarbeiter der Sendertechnik des Hessischen Rundfunks klärte mich damals darüber auf, dass es sich dabei um Testsendungen für das geplante Lokalradio in Aschaffenburg handelt.
Am 15. Mai 1987 ging das Lokalradio für den bayerischen Untermain auf Sendung. Damals gab es vier Programmveranstalter, von denen sich zwei – die Neue Welle und Radio A – zu Radio Primavera zusammenschlossen und vom Start weg ein gemeinsames Programm ausgestrahlt haben.
Die beiden anderen Anbieter, Welle Untermain und Radio ARA, nahm man als Hörer dadurch weniger wahr. So verwundert es nicht, dass nur Radio Primavera übrig blieb, während die Welle Untermain und Radio ARA den Sendebetrieb wieder eingestellt haben. Vor allem das Aus für die Welle Untermain habe ich damals sehr bedauert. Das vom Main Echo betriebene Programm hatte mir eigentlich am besten gefallen.
Stengerts statt Hochhaus
Senderstandort für die Hauptfrequenz von Radio Primavera war damals wie heute der 347 Meter hohe Stengerts bei Gailbach. Der ursprüngliche Plan, nur vom Dach eines Aschaffenburger Hochhauses zu senden, wurde noch vor dem Sendestart wieder aufgegeben, da die technische Reichweite von diesem Standort nicht zufriedenstellend war.
Der Stengerts war ebenfalls nicht optimal, zumal die Strahlungsleistung auf 91,6 MHz nur 100 Watt betrug (die heutige Hauptfrequenz 100,4 MHz stand erst viel später zur Verfügung). Der in Radiokreisen wohlbekannte Roger Kirk, damals Musikchef der Welle Untermain, setzte sich für eine Verlagerung des Senders auf den auch vom Bayerischen Rundfunk genutzten Pfaffenberg ein. Das war und ist aber wohl nicht koordinierbar.
Ich hatte vom Stengerts in Obertshausen zwar noch guten Mono-Empfang. Im Hintergrund störte aber immer SWF3 vom Gleichkanal-Sender Koblenz (Waldesch) – erst recht nach der Erhöhung der Strahlungsleistung von SWF3 von 10 kW auf 40 kW. Wirklich guten Empfang von Radio Primavera hatte ich somit erst nach Inbetriebnahme des Senders Alzenau (Hahnenkamm).
Erstbesuch auf dem Stengerts
Der Stengerts hat mich dennoch immer interessiert. Schließlich habe ich von dort über mehrere Jahre „mein“ Lokalradio gehört. Ich hatte mir für diesen Sommer einen Besuch auf dem oberhalb von Gailbach liegenden Berg vorgenommen. Gestern hat es nun tatsächlich geklappt – Spätsommer sei Dank.
Ich fuhr über den Engländer Richtung Sailauf und weiter auf der A66 bis Aschaffenburg-Ost. Von dort aus war Gailbach und somit auch der Stengerts schnell erreicht. Unterhalb eines Schützenhauses parkte ich mein Auto. Dann lag noch ein etwa ein Kilometer langer Fußmarsch vor mir.
Direkt neben dem Sendemast befindet sich der Dr.-Hönlein-Turm, ein frei zugänglicher Aussichtsturm. Von dort aus hat man einen schönen Blick über den Osten des Rhein-Main-Gebiets und weite Teile des Spessarts.
DX-Equipment auf dem Tagestrip
Ich hatte auch meinen Sony XDR-P1DBP und den Sangean ATS-909X2 im Gepäck. Auf DAB+ konnte ich neben den Ortssendern die Multiplexe für Nordhessen (Kanal 6A) und Baden-Württemberg (Kanäle 9D und 11B) empfangen. Das war eher enttäuschend. Auf UKW kam immerhin RTL vom Standort Hosingen auf 97,0 MHz gut herein.
Nachmittags habe ich mir in Aschaffenburg noch einen Eisbecher gegönnt (und mich gleichzeitig darüber geärgert, dass die Eisdiele nur Barzahlungen akzeptiert). Danach war ich noch mit einem Kumpel zum Abendessen verabredet. Damit endete ein sehr gelungener Tag.