Wer erinnert sich noch an das Format, das RTL Radio im Herbst 1992 eingeführt hat? Das frühere Radio Luxemburg wurde zu Deutschlands erstem Oldiesender. Heute ist RTL ein Hitradio, das seit dem 5. Oktober 2020 auch bundesweit über DAB+ ausgestrahlt wird.
Auf Programme, die Oldies und Classic Hits senden, müssen Radiohörer allerdings nicht verzichten. Im Gegenteil: Gerade in den vergangenen Monaten gab es einen regelrechten Boom. Mehrere neue Programme sind – teils regional, teils bundesweit – auf Sendung gegangen. Die bundesweiten Programme habe ich mir für einen Vergleich einmal etwas genauer angehört.
80s80s endlich bundesweit über DAB+
80s80s lernte ich schon vor mehr als fünf Jahren kennen. Damals startete der Regiocast-Ableger zunächst über DAB+ in Hamburg. Kurze Zeit später ging die Radiostation auch via Internet an den Start. Heute wird das Programm tagsüber moderiert. Im Internet gibt es zusätzliche Spartenkanäle.
Wer Musik aus den 80er Jahren mag, findet hier ein gut gemachtes Programm. Wünschen würde ich mir ein richtiges Programmschema und abendliche Spezialsendungen im Hauptprogramm, das seit dem 1. Dezember bundesweit über DAB+ zu empfangen ist.
Warum nicht ein Abend mit Maxiversionen, ein weiterer Abend mit Livemusik, ein Abend mit Rockmusik und ein weiterer Abend mit Lovesongs, um nur einige Beispiele zu nennen. Das würde das Programm deutlich aufwerten und für mehr Abwechslung sorgen.
Absolut Oldie Classics vor Programmausbau
Absolut Oldie Classics startete im Internet schon 2017. Mit dem Start des zweiten bundesweiten DAB+-Multiplexes wurde das Programm auch im terrestrischen Digitalradio aufgeschaltet. Zudem wurde das Musikformat einem Feinschliff unterzogen. Der Sender bietet nun vor allem Songs aus den 70er und 80er Jahren.
Wer Oldies mag, wird auch an der Musik von Absolut Oldie Classics Gefallen finden. Was derzeit noch fehlt ist ein ganztägig moderiertes Programm. Absolut Radio als Veranstalter begründet das damit, dass man noch auf den Umzug ins neue Sendezentrum in Garching bei München wartet.
Liebe Kollegen von Absolut Radio: Wenn ein Meister seines Fachs wie Broadway Bill Lee seine werktägliche Show bei WCBS FM New York Corona-bedingt aus dem heimischen Wohnzimmer fährt, werdet Ihr das doch wohl auch hinbekommen. Seid doch mal ein bisschen kreativ und erfinderisch.
Nostalgie: Gute Musik, ausbaufähige Moderation
Am vergangenen Montag ist Nostalgie – Nur die größten Songs offiziell über DAB+ und im Internet auf Sendung gegangen, nachdem zuvor bereits Testsendungen ausgestrahlt wurden. Das Musikformat gefällt mir sehr gut. Es klingt etwas „frischer“ als Absolut Oldie Classics und beschränkt sich nicht auf eine Dekade wie 80s80s.
Natürlich ist die Musik-Rotation kleiner als bei Schwarzwaldradio. Dafür habe ich bei Nostalgie – anders als bei Schwarzwaldradio – noch keinen einzigen Song gehört, der mir nicht gefällt. Zugegeben: Das ist ein subjektiver Eindruck. Andere Leute finden die Musik langweilig. Ich freue mich über „one great song after another“, um mal dem Claim aus der Anfangszeit von Virgin 1215 zu zitieren.
Wo es definitiv noch Luft nach oben gibt, ist die Moderation. Das Voicetracking ist an sich kein Problem – wenn man es gut macht. Aber zwei bis drei Moderationen pro Stunde sind einfach zu wenig und dass eine einzige Moderatorin zumindest „offiziell“ jeden Werktag zehn Stunden am Stück moderiert, ist aus meiner Sicht auch ein bisschen unglaubwürdig.
Schwarzwaldradio: Echtes Radio mit viel Live-Moderation
Schwarzwaldradio hat gegenüber allen Mitbewerbern zwei große Vorteile: Das Programm sendet im ersten bundesweiten Multiplex. Damit ist die technische Reichweite deutlich höher als bei den Mitbewerbern. Zudem gibt es viele Stunden am Tag Live-Moderation. Das ist noch echtes Radio anstelle einer Soundberieselungsanlage aus der Retorte.
Mehr als 20.000 Musiktitel in der Rotation sorgen für viel Abwechslung, die mir persönlich aber oft schon zu weit geht. Zu oft höre ich Songs, die mir persönlich nicht gefallen. Dazu verwendet man seit Sendestart das gleiche, ehrlich gesagt ziemlich antiquierte Sounddesign. Auch wenn es Geld kostet: Die Investition in ein neues Jinglepaket wäre kein Luxus.
Was ich an Schwarzwaldradio mag sind die Aktionen und Sondersendungen. Unvergessen sind die Freitagabende mit Uwe Carsten im Frühjahr und Sommer oder auch die Silvesterparty bis 3 Uhr früh. Das ist Radio mit Herzblut. Daran sollten sich die Mitbewerber ein Beispiel nehmen.