Rock Antenne ab Oktober "bundesweit" (Foto: Rock Antenne)
Rock Antenne ab Oktober "bundesweit" (Foto: Rock Antenne)

So „wichtig“ ist der Rock Antenne der einzelne Hörer

Privatradio wird veranstaltet, um damit Geld zu verdienen. Das dürfte allgemein bekannt sein und das ist ja auch in Ordnung, wenn das Geschäftsmodell aufgeht. Wie „wichtig“ den Programmveranstaltern der einzelne Hörer ist, ohne den schließlich auch keine Werbeeinnahmen generiert werden, zeigt derzeit die Rock Antenne, das zweite Programm von Antenne Bayern.

Vor etwas mehr als zwei Jahren feierte die Rock Antenne ihren Sendestart auf DAB+ in Hessen. Doch schon bald werden zahlreiche potenzielle Hörer, die die Rock Antenne in Hessen über das terrestrische Digitalradio empfangen, auf ihren Lieblingssender verzichten oder auf ein WLAN-Radio umsteigen müssen.

Aktuelles Sendegebiet der Rock Antenne im Südosten Hessens (Quelle: Empfangsprognose.de)
Aktuelles Sendegebiet der Rock Antenne im Südosten Hessens (Quelle: Empfangsprognose.de)

Der zweite „Bundesmux“ sendet nicht bundesweit

Die Rock Antenne geht im Oktober im zweiten überregionalen DAB+-Multiplex Deutschlands auf Sendung. Der Veranstalter selbst spricht vom „deutschlandweiten“ Empfang im terrestrischen Digitalradio. Doch das ist nicht der Fall, weswegen ich auch eher von einem überregionalen Multiplex und nicht von einem „Bundesmux“ spreche.

Realistisch betrachtet wird der neue Multiplex niemals annähernd flächendeckend senden, weil das nunmal wirtschaftlich nicht darstellbar ist. Auch in Hessen fehlen mit dem Hohen Meißner und der Sackpfeife bei Biedenkopf im Norden sowie dem Hardberg im Süden wichtige Grundnetzsenderstandorte.

Unter dem Strich versorgt der zweite „Bundesmux“ in Hessen vor allem den Ballungsraum Rhein-Main sowie das Umfeld der Städte Gießen in Mittelhessen, Fulda in Osthessen und Kassel in Nordhessen. Eher ländliche Regionen bleiben – wie gesagt durchaus verständlicherweise – außen vor.

Künftiges Sendegebiet der Rock Antenne im Südosten Hessens (Quelle: antenne-deutschland.de)
Künftiges Sendegebiet der Rock Antenne im zweiten „Bundesmux“ im Südosten Hessens (Quelle: antenne-deutschland.de)

Regionale Multiplexe vs. „Bundesmux

Derzeit kann die Rock Antenne aber auch über die genannten Senderstandorte Hoher Meißner, Biedenkopf und Hardberg empfangen werden. Diese gehören zu den beiden regionalen Multiplexen, in denen die Ismaninger Rockwelle seit Sommer 2018 zu empfangen ist.

Nun hat die Rock Antenne offiziell bestätigt, nach dem Start im zweiten überregionalen DAB+-Multiplex Deutschlands sukzessive (vermutlich je nach Vertragsende für die Weiterverbreitung) die regionalen Multiplexe außerhalb Bayerns zu verlassen. Für viele Hörer – auch in Hessen – ändert sich dadurch nichts, außer dem Kanal bzw. Multiplex, in dem das Programm zu hören ist.

Zudem gibt es Standorte wie Gießen (Dünsberg) und Gelnhausen (Schnepfenkopf), die bei den regionalen Bedeckungen in Hessen derzeit nicht berücksichtigt werden, sehr wohl aber beim zweiten „Bundesmux“. Es wird demnach Regionen geben, in denen sich die Empfangsqualität verbessert oder wo der Rock-Antenne-Empfang sogar erstmals über DAB+ möglich ist.

Rock Antenne über den Kanal 10A aus Unterfranken in Südosthessen (Quelle: Empfangsprognose.de)
Rock Antenne über den Kanal 10A aus Unterfranken in Südosthessen (Quelle: Empfangsprognose.de)

Abschied von vielen Hörern

Die perspektivisch wegfallenden Standorte sorgen aber umgekehrt dafür, dass bisherige Hörer etwa in Eschwege, im Raum Marburg oder im Odenwald künftig nicht mehr versorgt werden. In Marburg könnte der Empfang auf UKW künftig sogar besser als auf DAB+ sein und für den Odenwald muss man der Fairness halber berücksichtigen, dass die Sender Pfaffenberg bei Aschaffenburg und Miltenberg (Wenschdorf) aus dem benachbarten Unterfranken „aushelfen“ werden – wenn auch nicht überall.

Nachteile ergeben sich vor allem für Hörer, die bisher im nordhessischen Regional-Mux im Kanal 6A versorgt wurden, aber nicht im Bereich eines Senders für den zweiten überregionalen deutschen DAB+-Multiplex wohnen. Hier wird es zu großen Versorgungslücken kommen, die vorerst nicht wieder geschlossen werden. Zwar ist es grundsätzlich vorgesehen, das Sendernetz für den zweiten „Bundesmux“ weiter auszubauen. Ob und wann dann aber auch die Standorte Biedenkopf und Hoher Meißner berücksichtigt werden, ist heute nicht absehbar.

Aktuelles Sendegebiet der Rock Antenne in Nordhessen (Quelle: Empfangsprognose.de)
Aktuelles Sendegebiet der Rock Antenne in Nordhessen (Quelle: Empfangsprognose.de)

So nachvollziehbar der Schritt aus betriebswirtschaftlicher Sicht auch ist: Dieses Vorgehen zeigt, wie viel der einzelne Hörer den Programmanbietern bedeutet. Da haben sich vielleicht Leute extra für die Rock Antenne ein DAB+-Radio gekauft und dieses wird in wenigen Monaten wertlos, weil das gewünschte Programm dann nicht mehr zu empfangen ist.

Leider ist das kein Einzelfall. Vor Jahren wurde das landesweite DAB+-Sendernetz in Bayern aus Kostengründen ausgedünnt. Davon war auch die Rock Antenne betroffen. So war der Empfang beispielsweise hier im Rhein-Main-Gebiet nicht mehr oder nur noch sehr schwach möglich. Das änderte sich erst mit dem Wechsel in die regionalen Multiplexe des Bayerischen Rundfunks wieder.

Künftiges Sendegebiet der Rock Antenne in Nordhessen (Quelle: antenne-deutschland.de)
Künftiges Sendegebiet der Rock Antenne in Nordhessen (Quelle: antenne-deutschland.de)

Freud und Leid

Um es ganz klar zu sagen: Ich selbst profitiere vom Wechsel der Rock Antenne in den zweiten „Bundesmux“. Da ab Oktober auch über meinen „Haussender“ in Gelnhausen gesendet wird, verbessert sich der Empfang bei mir. Von den Verschlechterungen in anderen Teilen Hessens bin ich selbst nicht betroffen.

Ich kann es aber den betroffenen Hörern nachfühlen, die sich – mit Verlaub – verarscht fühlen werden. Vor zwei Jahren wurden die neuen Sendegebiete gefeiert, jetzt werden sie einfach wieder abgeschaltet. Schön ist das nicht, dass derart mit dem Hörer „gespielt“ wird.

Leider ist das bei DAB+ kein Einzelfall. Auch andere Programmveranstalter und Sendernetzbetreiber haben in den vergangenen Jahren gerne Parameter verändert, Programm-Auf- und Abschaltungen vorgenommen – ohne jede Rücksicht auf die betroffenen Hörer. So wird das nichts mit der Ablösung des UKW-Rundfunks durch DAB+.