Als ich vor mehr als 40 Jahren begann, mich für Radio zu interessieren, war die Hörfunklandschaft in Deutschland ziemlich öde. Lichtblick war eigentlich nur Radio Luxemburg, das mich Ende der 70er Jahre wie kein anderes Radioprogramm begeistert hat.
Dann kamen die Privatradios, die von Südtirol, vom Elsass und von Ostbelgien aus für Deutschland gesendet haben. Das war echtes Radio, so wie ich mir das vorstelle. Ab Mitte der 80er Jahre starteten die ersten Privatradios in Deutschland, woraufhin auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aus ihrem Dornröschenschlaf erwachten und begannen, innovatives Programm zu machen.
Die zweite Hälfte der 80er Jahre und die erste Hälfte der 90er Jahre waren eine tolle Zeit. Eine Radiostationen nach der anderen ging an den Start, die Programme wurden selbst bei kleinen Lokalsendern rund um die Uhr live moderiert und die Stationen waren noch nicht „beratergesteuert“.
Moderatoren und Musikredakteure suchten die Playlists aus, die Programme wussten ihre Hörer zu überraschen und zu begeistern. Den gähnend langweiligen Einheitsbrei des 21. Jahrhunderts gab es noch nicht. Aber auch heute noch gibt es Perlen in der Radiolandschaft, wo es wirklich noch Spaß macht, zuzuhören.
Schwarzwaldradio sendet bundesweit
Deutschlandweit über DAB+ ist Schwarzwaldradio zu empfangen. Der Sender nennt sich selbst auch „Deutschlands größte Jukebox“. Bei 25.000 Musiktiteln in der Rotation ist der Name auch Programm. Die meisten Mitbewerber schaffen es nicht einmal auf ein Zehntel dieser Song-Anzahl.
Viele Radiofans stören sich am Namen Schwarzwaldradio. Dieser ist in der Tat ungewöhnlich. Andererseits haben Radio Luxemburg und Radio Brenner als Stationsnamen auch nicht gestört. Auch Südtirol eins wurde in Bayern gehört, warum also nicht auch Schwarzwaldradio in Hamburg, Dresden oder Köln?
Was mich wirklich stört, ist der extrem hohe Anteil von Schwarzwald-spezifischen Themen in der Berichterstattung, die mich – mit Verlaub – nicht interessieren. Ich verstehe das Anliegen, den Schwarzwald-Tourismus anzukurbeln, denke aber, das Programm würde mehr Hörer ansprechen, wenn der Sender von dieser Monothematik wegkäme.
R.SA mit Fischer und leider ohne Böttcher
R.SA aus Leipzig hat zwar eine deutlich kleinere Musikrotation als Schwarzwaldradio, klingt dafür aber etwas lebendiger und bietet im Vergleich zu vielen Mitbewerbern noch immer ein sehr breites Musikprogramm. Ähnlich wie Schwarzwaldradio bietet auch R.SA verschiedene Musik-Specials im Abendprogramm.
Gut gefällt mir nicht zuletzt die Doppelmoderation am Morgen und am Nachmittag. Schade finde ich es aber, dass Thomas Böttcher im vergangenen Jahr unter fragwürdigen Umständen „gegangen wurde“. Nichtsdestotrotz machen Katja Möckel und Uwe Fischer eine sehr gute Frühsendung, die die Hörer gut gelaunt in den Tag begleitet.
R.SA hatte auf UKW nur noch eine Kette mit Kleinleistungsfrequenzen bekommen. Dafür ist der Sender nun landesweit in Sachsen über DAB+ zu empfangen. Schade, dass das digitale Signal selbst bei Überreichweiten nicht bis zu mir in den Spessart reicht. Es bleibt aber natürlich immer noch der Livestream im Internet.
Power Radio noch immer ohne DAB+
Power Radio gilt als Nachfolger des einstigen Berliner Privatradio-Pioniers Hundert,6. Dabei backt der Sender deutlich kleinere Brötchen. Moderierte Sendungen gibt es lediglich werktags von 6 bis 18 Uhr sowie samstags von 9 bis 13 Uhr. Das außerhalb dieser Zeiten gebotene Nonstop-Musikprogramm kann sich aber durchaus sehen bzw. hören lassen.
Viele Musik-Klassiker und eine vergleichsweise große Rotation zeichnen den Sender aus, der im Berliner Umland auf UKW sendet. Eigentlich soll das Programm längst auch über DAB+ verbreitet werden. Die seit Ende August immer wieder angekündigte Aufschaltung, mit der Power Radio auch in Berlin selbst terrestrisch zu empfangen wäre, ist bis heute nicht erfolgt.
Einen nicht so professionellen Eindruck macht die Tatsache, dass immer wieder Sendungen ausfallen. Andererseits macht das Power Radio auch sympathisch. Das hat so ein bisschen einen Hauch von den Privatradio-Pionieren der 80er Jahre. Bleibt zu hoffen, dass Power Radio nicht die Luft ausgeht. Schließlich wird auch die früher aus Oranienburg betriebene UKW-Frequenz 91,8 MHz schon lange nicht mehr genutzt.
Radio 2Day: Das Urgestein unter den Münchner Lokalradios
Radio 2Day ist das echte Privatradio unter den Münchner Lokalsendern. Hinter der Station stehen keine Verlage oder Großkonzerne. Stattdessen handelt es sich um einen inhabergeführten Familienbetrieb. Viele Musik-Klassiker zeichnen die Rotation aus. Nur der Wortanteil könnte tagsüber für meine Betriffe etwas niedriger sein.
Man hört es Radio 2Day aber an, dass hier Leute am Werk sind, die zum einen etwas vom Medium Radio verstehen und die andererseits mit Herzblut bei der Sache sind. Seit 33 Jahren ist der Sender nun on air. Aus einem kleinen Programmfenster ist eine 24-Stunden-Frequenz geworden.
Auch bei DAB+ macht Radio 2Day mit. Digital Classix nennt sich der zusätzliche digitale Kanal, auf dem es die Musik von Radio 2Day zu hören gibt, nur eben ohne die redaktionellen Inhalte des Hauptprogramms. Schade, dass es für dieses Zusatzprogramm keinen Livestream gibt.
extra radio seit einem Jahr mit 24-Stunden-Frequenz
extra radio aus Hof sendet seit 1. Dezember 2017 auf eigenen Frequenzen über UKW und DAB+. Das jahrzehntelange Spliting mit Radio Euroherz entfällt. Während Radio Euroherz eher langweiliger Dudelfunk ist, bietet extra radio ein Oldie-basiertes Programm, das sich hören lassen kann.
Hier ist auch der Chef selbst oft am Mikrofon zu hören und insgesamt ist das extra-radio-Team eine sympathische Truppe. Die Musikfarbe ist nicht nur in Hochfranken, dem UKW-Sendegebiet von extra radio, einzigartig. Auch bundesweit gibt es nur wenige vergleichbare Programme.
Bleibt zu hoffen, dass sich extra radio auch mit eigener Frequenz auf Dauer etabliert. Immerhin stehen höhere Kosten einer kleineren Hörerschaft gegenüber, die sich schon dadurch ergibt, dass anstelle der reichweitenstarken 5-kW-Frequenz 88,0 MHz vom Großen Waldstein jetzt nur noch Low-Power-UKW-Frequenzen zur Verfügung stehen.