Vor rund 40 Jahren habe ich damit begonnen, bewusst Radio zu hören. Besonders interessant war das auf Reisen, wenn ich die Möglichkeit hatte, auch einmal Programme zu hören, die ich zuhause nicht empfangen konnte. Internetradio und Satellitenempfang gab es Ende der 70er Jahre freilich noch nicht.
Ich bin seinerzeit jedes Jahr mit meinen Eltern in den Urlaub nach Italien gefahren. Der Weg führte uns durch Bayern und Österreich. In Bayern gab es zunächst nicht viel Neues zu entdecken, denn die Programme des Bayerischen Rundfunks konnte ich auch zuhause empfangen.
Erstkontakt mit Ö3 vor vielen Jahren
Zwischen Nürnberg und Ingolstadt tauchte dann aber auch der Österreichische Rundfunk unter den empfangbaren Hörfunkwellen auf. So lernte ich Ö3, die Pop- und Servicewelle aus Wien, kennen – damals neben SWF3 aus Baden-Baden einer von zwei Lichtblicken in der deutschsprachigen Radiolandschaft, die ansonsten recht eintönig war.
So verfolgte ich schon in jungen Jahren Ö3 immer dann, wenn es halt eben möglich war. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass das in einem einzigen Sommerurlaub in Bibione sogar an der Adria geklappt hat. Das muss 1986 gewesen sein, als zum 1. Juli der (nie offizielle) Darmstädter Wellenplan durch die Frequenzen des 1984 verabschiedeten Genfer Wellenplans abgelöst wurden.
Heute ist Ö3 europaweit zu empfangen
Später hatte der ORF in den Nachtstunden das Ö3-Programm teilweise auch auch Mittelwelle übertragen. So konnte ich den Sender erstmals auch zuhause verfolgen. Dann kam schließlich die Aufschaltung auf Astra und seitdem ist es nahezu europaweit keine Kunst mehr, das Programm aus Wien zu verfolgen.
Fortan war Ö3 nicht mehr der selten hörbare „Exot“ für mich, sondern ein Programm, das ich tagtäglich hören konnte. Heutzutage klappt das dank Internetradio auch mobil. Und ich finde, auch im Jahr 2018 macht das Team in den Studios in Wien-Heilgenstadt noch einen sehr guten Job.
Die Moderatoren sind mir wohlvertraut, haben alle eine angenehme Radiostimme (und es gibt in der deutschen Hörfunklandschaft Beispiele dafür, dass das keinesfalls selbstverständlich ist) und gestalten ein sehr professionell gemachtes Programm. Auch Verpackung und Musik stimmen, zumal der Sender vor wenigen Monaten für mehr Abwechslung gesorgt hat.
Kleine Kritikpunkte
Leider wurde Anfang Juli die Ö3-Wunschnacht aufgegeben. Ich hatte vorgestern Nachmittag die Möglichkeit, Hitradio Ö3 zu besuchen und dabei auch dieses Thema angesprochen. Musikwünsche im Radio hätten nicht mehr den Stellenwert wie früher. Schließlich könne man seine Lieblingssongs heute auch jederzeit auf YouTube oder Spotify hören. Das stimmt zwar, aber schaufelt sich das Medium Radio mit dieser Einstellung nicht sein eigenes Grab?
Gestern Abend saß ich mit mehreren Hobbyfreunden zusammen. Einer sprach von sich aus die Wunschnacht und die von den Hörern „verursachte“ geniale Musikauswahl – auch fernab der üblichen Playlist – an. Als er regelrecht ins Schwärmen geriet, musste ich seine Begeisterung mit dem Hinweis bremsen, dass es diese Sendung nicht mehr gibt.
Angesprochen hatte ich beim Studiobesuch auch die Regelung, dass sich die Ö3-Moderatoren in der Regel am Ende ihrer Sendung nicht verabschieden. „Ö3 verabschiedet sich nicht, es ist ja immer da, rund um die Uhr“, so die Begründung. Leuchtet einerseits ein, gefällt mir aber trotzdem nicht.
Wie ein Kompromiss sehr gut möglich ist, zeigte Tarek Adamski gestern Abend kurz vor Mitternacht, wo er statt „Tschüss, baba, bis morgen“ einfach auf die Hitnacht übergeleitet hat. So bleibt der Programmfluss erhalten und die Moderatoren spielen sich den Ball quasi gegenseitig zu.
Das waren dann aber auch schon alle größeren Kritikpunkte an einem ansonsten sehr gut gemachten Programm, das nicht durch Zufall Marktführer in Österreich ist und sich auch in Südtirol und Bayern großer Beliebtheit erfreut.
Dienstagnachmittag bei Hitradio Ö3
Das Ö3-Studio kenne ich virtuell schon lange. Schließlich gibt es auf der Webseite des Senders einen Videostream, der es ermöglicht, jederzeit den Moderatoren über die Schulter zu schauen. Am Dienstag habe ich zweieinhalb hochinteressante Stunden in den Räumlichkeiten der ORF-Hit- und Servicewelle verbracht.
Kaum passiert man den Empfang, hat man auch schon einen Blick auf das Sendestudio, das sich zentral in der Mitte der „Ö3-Etage“ des Gebäudes befindet, in dem beispielsweise auch Teletext- und Online-Redaktion des ORF untergebracht sind.
Neben dem Hauptstudio, aus dem die Sendungen in der Regel gefahren werden, gibt es ein weiteres, nahezu identisch aufgebautes, aber etwas kleineres Studio. Ein drittes Studio ist noch etwas kleiner und kann für Außenübertragungen – etwa für das Ö3-Weihnachtswunder – auch abgebaut und am Ort der jeweiligen Veranstaltung wieder installiert werden.
Sollte es einmal erforderlich sein, dann kann jederzeit auch aus dem ORF-Funkhaus gesendet werden, aus dem die Programme von Ö1, Radio Wien und FM4 kommen. Bei Stromausfall kann mit einer Not-CD überbrückt werden, bis der Moderator vom ORF-Medienhaus ins Funkhaus gefahren ist.
Bei Ö3 gibt es außerdem Studios für Vorproduktionen – etwa für Beiträge und Comedy-Elemente – und sogar einen Videoschnittplatz. Dazu kommen die Büros der Redaktion, des Verkehrsdiensts, des Hörerservice, der Öffentlichkeitsarbeit etc.
Angenehme Arbeitsatmosphäre
Obwohl die Bereiche recht offen gestaltet sind, empfand ich die Atmosphäre als sehr angenehm. Es war nicht wirklich laut, sodass es möglich ist, konzentriert zu arbeiten (das kenne ich auch völlig anders und das ist ein Punkt, wo ich selbst sehr empfindlich bin). Zugegeben: Am späten Nachmittag waren viele Kollegen – ganz abgesehen von der Urlaubszeit – nicht mehr im Büro.
Highlight waren natürlich die Minuten im Sendestudio, wo Olivia Peter gerade die „Drivetime-Show“ moderiert hatte. Wir haben uns sehr nett unterhalten und ich habe Olivia noch mit einigen Tipps zu Apple CarPlay versorgt, nachdem sie sagte, dass sie das demnächst auch bekommt. Schließlich sind CarPlay und Android Auto die Features, die den Internetradio-Empfang im Auto (und somit in Deutschland auch den Ö3-Empfang) deutlich vereinfachen.
Auch Thomas Kamenar und Gabi Hiller sind mir am Dienstagnachmittag über den Weg gelaufen – sehr cool, einmal die Leute zu sehen, die man aus dem Radio und von der Video-Livecam kennt.
Ich habe in den vergangenen 39 Jahren sehr viele Radiostudios gesehen (Radio Adria war 1979 das erste Studio, das ich besucht habe). Dabei waren auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten wie der Hessische Rundfunk, der Bayerische Rundfunk oder der Südwestrundfunk. Wenn ich Ö3 mit diesen Stationen vergleiche, dann hat es mir bei der ORF-Welle mit am besten gefallen.
Das Programm gehört einerseits zum Österreichischen Rundfunk, sendet aber aus einem eigenen Gebäudekomplex. Die Wege zwischen den Kollegen sind kurz und unkompliziert und die Atmosphäre wirkt offen und lebendig und nicht so „angestaubt“, wie man es aus anderen öffentlich-rechtlichen Funkhäusern kennt.
In diesem Sinne: Weiter so, Hitradio Ö3. Und vielen Dank für den wirklich hochinteressanten Nachmittag.
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