In der vergangenen Woche habe ich einen zugegeben sehr skeptischen Beitrag zur Zukunft von Blackberry geschrieben. Ich sehe die Zukunft des Unternehmens und der Smartphones nach wie vor kritisch, zumal auch die Kernzielgruppe, nämlich Geschäftskunden, zu anderen Plattformen – vornehmlich iOS – wechseln.
Nichtsdestotrotz nutze ich selbst seit mehr als 14 Jahren Blackberry-Smartphones. Ich habe die Handhelds in dieser Zeit selten als Hauptgeräte verwendet, anfangs eigentlich nur als „Mini-Computer“ parallel zum Handy, mit dem ich E-Mails schnell und unkompliziert senden und empfangen konnte.
Bis vor vielleicht acht oder zehn Jahren war ich – wenn es um Smartphones mit Tastatur ging, vor allem Nokia-Communicator-Nutzer. Hier konnte man recht früh mehr machen als nur einen E-Mail-Pushdienst nutzen. Schon lange bevor es das iPhone gab, konnte man auf dem „Commi“ Apps – pardon, Programme – installieren, beispielsweise ICQ, das „WhatsApp der Smartphone-Steinzeit“. Weggekommen bin ich vom Blackberry dennoch nie so ganz.
In Blackberry 10 hatte ich große Hoffnungen gesetzt. Die Plattform ist sang- und klanglos untergegangen. Gegen die Übermacht von Android und iOS kamen auch die hervorragende Hardware und das sichere, ausgeklügelte Betriebssystem nicht an. Es gab halt nie wirklich alle Apps, die selbst Geschäftskunden heutzutage auf ihrem Smartphone nutzen möchten. Zudem war Blackberry 10 – wie auch Windows 10 Mobile – viel zu spät gestartet, der Kuchen war zwischen Google und Apple längst verteilt.
Auch heute noch will Blackberry mit Sicherheit punkten (und liefert ausgerechnet Sicherheits-Updates immer unpünktlicher aus). Für mich dagegen ist vor allem die Hardware-Tastatur der Geräte entscheidend. Daher stand ich – anders als viele andere Blackberry-Fans – dem Wechsel vom eigenen Ökosystem zu Android auch nicht negativ gegenüber. Im Gegenteil: Ich freute mich auf die Vorzüge der Blackberry-Hard- und Software in Kombination mit dem am weitesten verbreiteten Betriebssystem.
Viele Smartphone-Nutzer sagen heute, dass man eine Hardware-Tastatur nicht braucht. Stimmt schon, für das Betrachten von YouTube-Videos, für das Hören von Spotify-Playlisten oder für das „Liken“ von Facebook-Beiträgen braucht man das nicht. Und sind wir mal ehrlich: Viel mehr machen die meisten Leute mit ihren Smartphones nicht. Gut, dazu kommen noch WhatsApp-Nachrichten – oft mit Abkürzungen oder mit Smileys durchsetzt. Kriegt man auch noch ohne echte Tastatur hin.
Ich war und bin es aber eigentlich gewohnt, mein Smartphone auch wie einen Mini-Computer zu nutzen, habe schon komplette Meldungen für teltarif.de oder auch meinen privaten Blog auf einem Blackberry oder Nokia Communicator geschrieben. Das ist echte Mobilität, klappt auch in der Warteschlange vor dem Apple Store bei einem iPhone-Start oder vor einer Pressekonferenz auf der CES, wo man eben nicht die Möglichkeit hat, sein Notebook auszupacken, sondern im Stehen arbeiten muss.
Das sind genau die Momente, in denen ich darüber froh bin, dass es auch 2017 noch Smartphones mit physischer Tastatur gibt. Ein iPhone ist cool, ich weiß es zu schätzen. Es ist mein Radiowecker, mein WLAN/LTE-Rundfunkempfänger, meine Podcast-Wiedergabe-Maschine und die Darstellung von Webseiten oder Fotos macht einfach Spaß. Aber schreiben? Also wirklich schreiben und nicht nur „O.K.“, „komme später“ oder „passt schon“? Sorry, das ist auf einem Fulltouch-Gerät nicht nur unkomfortabel, sondern ich komme mir bei solchen Schreibversuchen sogar irgendwie affig vor.
Das sind dann die Momente, wo ich Blackberry zu schätzen weiß. Gestern Abend habe ich nach Monaten wieder einmal das Blackberry Classic aus der Schublade geholt – mein letztes Gerät mit Blackberry 10. Ein geiles Stück Technik, ein Formfaktor, wie ich ihn über viele Jahre von Blackberry gewohnt war und wie ich ihn liebe. Dazu eine Tastatur, die jeden, der auf dem mobilen Gerät schreiben möchte, überzeugen sollte. Nachteil: Siehe oben… das mit den Apps.
Als Kompromiss habe ich dann doch mal meine beiden Blackberry-Smartphones mit Android, das Priv und das KEYone, reaktiviert. Ja, gegenüber einem Samsung Galaxy S8+ Duos, wie ich es auch besitze, haben die Geräte erhebliche Nachteile. Sie sind langsam, am Priv wird der Akku schneller leer als es einem lieb ist, das Display des KEYone erinnert eher an billige China-Ware als an ein Highend-Smartphone.
Aber da ist eben die Hardware-Tastatur, das Feature, die diese Handhelds zu echten Arbeitstieren macht. Heute wie vor 14 Jahren würde ich die Blackberrys niemals zu meinen Hauptgeräten machen. Da sind mir iPhone X und iPhone 7 Plus dann doch lieber. Aber so nebenbei, als Dritt- und Vierthandy? Warum denn nicht. Die Geräte sind ja da und können somit auch genutzt werden – halt eben für die Aufgaben, die sie gut können. Für alles andere habe ich ja iPhone und Samsung Galaxy.
Ich habe das Blackberry KEYone mit meiner o2-Karte bestückt, im Blackberry Priv befindet sich nun meine 1&1-Vertragskarte. So haben beide „Beeren“ wieder eine sinnvolle Aufgabe und vor allem das KEYone habe ich an diesem Wochenende wieder sehr intensiv genutzt. Sogar den BBM habe ich nach langer Pause reaktiviert.
Seit Dienstag habe ich auch ein Blackberry Motion hier. Drüben bei teltarif.de gibt es ein Hands-On zu diesem Gerät. Das Blackberry Motion ist toll, aber mit seinen 469 Euro mit den Spezifikationen, die es bietet, etwas zu teuer. Zudem muss ich für mich selbst ganz klar sagen: Ein Blackberry ohne Tastatur ist wie ein Fußballspiel ohne Ball. Fulltouch können Apple, Samsung & Co. ganz einfach besser. Aber gut, es mag auch dafür eine Zielgruppe geben. Blackberry Mobile würde ich es in jedem Fall wünschen, dass sich das Gerät am Markt durchsetzen kann.