Ich erinnere mich noch sehr gut an den 30. April 1986. Ich entdeckte nach der Schule auf UKW 103,6 MHz die Testschleife für ein neues Programm namens Radio 4, die etwas irritierend war. Da war einerseits vom Sendestart am 1. Mai die Rede, dann hieß es aber wieder, es gehe bereits am 30. April um 18.30 Uhr los.
So war es dann auch. So lauschte ich in Obertshausen den Klängen aus der AKK-Sendezentrale in Ludwigshafen. Der Empfang des 5-kW-Senders auf dem Mannheimer Fernmeldeturm war nicht besonders gut. Mein damaliges Kinderzimmer hatte generell keine gute Empfangslage für Sender aus Süden. So war auch SDR 3 aus Heidelberg auf 99,9 MHz eher schlecht als recht zu hören.
Meine Eltern planten für den Abend des 30. April und über den 1. Mai eine Fahrt nach Biebergemünd-Bieber. Meine Oma und mein Opa wohnten damals in dem Haus, wo ich heute wohne. Ich verabschiedete mich geistig schon mal von Radio 4, denn ich rechnete nicht damit, hier im Spessart – noch weiter von Mannheim entfernt – den Sender noch hören zu können.
In Bieber angekommen baute ich meinen Sharp GF-9595, einen Radiorecorder mit digitaler Frequenzanzeige – in der Küche auf, zog die Teleskopantenne aus und siehe da: Radio 4 war hier sogar besser zu empfangen als in der damaligen Heimat, in Obertshausen.
Im Mai und Juni musste ich mit dem schlechten Empfang auf 103,6 MHz leben, doch am 1. Juli 1986 ging der Sender Mainz (Lerchenberg) auf 100,6 MHz auf Sendung und ich hatte in Obertshausen perfekten Empfang. Allerdings war das RPR Studio Rheinhessen in Mainz damals noch gar nicht sendebereit. So war ausgerechnet in der Primetime am Morgen nur ein Nonstop-Musikprogramm mit kurzen Stationsansagen zu hören.
Aber auch später war das Mainzer Regionalprogramm nicht unbedingt mein bevorzugtes Regionalfenster. Programmlich fand ich die Sendungen aus Ludwigshafen und Koblenz deutlich besser. Auch diese waren dann recht gut an meinem Standort zu hören, da das Sendernetz allmählich ausgebaut wurde.
Programmlich erinnere ich mich gerne an das Regionalprogramm des RPR-Frequenzsplitting-Partners PRO Radio 4 für das Rhein-Main-Gebiet, die Rosa Welle (abgeleitet vom Anzeigenblatt Blitz Tipp, der auf rosa Papier gedruckt wurde und als „Rosa Blättche“ bekannt war). Hier durfte ich auch kurzzeitig mitarbeiten.
Ansonsten hörte ich gerne das Promi-Spiel mit Hans-Peter Hein und Gernot Wassmann, das offiziell von Radio 85, einem weiteren Frequensplitting-Partner von RPR, veranstaltet wurde. Legendär war aber auch die Party ohne Pause mit Bob Murawka und Thommy Schminke, für die ich mir die Nächte von Samstag auf Sonntag um die Ohren geschlagen habe. Mitschnitte dieser Kultsendung habe ich heute noch im Archiv.
Später wurden die regionalen Sendungen weitgehend eingestellt, PRO Radio 4, der Linksrheinische Rundfunk und Radio 85 gaben auf bzw. schlossen sich der Gesellschafterstruktur von RPR an, so dass ein einheitliches 24-Stunden-Programm entstand, das nun schon seit vielen Jahren den Namen RPR1. trägt. Professioneller als in den 80er Jahren ist RPR1. heute vielleicht. Besser ist es aber keineswegs.
Ich habe nun schon viele Jahre RPR1. nicht mehr gehört, da dem Programm schlicht die Highlights der Pionierzeit fehlen. Inhaltlich macht es fast keinen Unterschied, ob ich nun Hit Radio FFH aus Bad Vilbel, Antenne Bayern aus Unterföhring oder eben RPR1. aus Ludwigshafen höre.
Heute aber habe ich mich nach langer Zeit einmal wieder auf die UKW-Frequenz 100,6 MHz verirrt, die seit Oktober 1990 mit 20 kW vom damals neu errichteten Senderstandort Ober-Olm ausgetrahlt wird und die es – anders als zum Beispiel der Mitbewerber SWR3 – auch bis in den hessischen Spessart in nahezu rauschfreiem Stereo schafft.
Von 9 bis 18 Uhr gab es im Vorfeld des 30-jährigen Senderjubiläums eine von Bob Murawaka moderierte Sondersendung. Hier war die Musik der 80er Jahre zu hören, zudem wurden die Jingles der Anfangszeit des Senders gespielt (legendär das aus heutiger Sicht peinliche Instrumental unter dem Wetterbericht und Verkehrslagebericht).
Bob Murakwa hatte zudem viele Studiogäste, die man aus den ersten Jahren des Senders kennt. So gab es unter anderen ein Wiederhören mit Hans Peter Hein, Bodo Henkel oder auch Andreas Radtke. Telefonisch war auch Bernd Schmellenkamp zugeschaltet, den ich noch von Roger Kirks Kurzwellenmusikstation Radio Victoria in guter Erinnerung habe.
Erster Studiogast war heute früh Dieter Hofherr, der seinerzeit Radio Weinstraße als Vorläufer von RPR im Kabelpilotprojekt Ludwigshafen/Vorderpfalz aufgebaut hatte. Mit Dieter Hofherr hatte ich damals einen regen Mail-Austausch – seinerzeit noch über die Schneckenpost und nicht per E-Mail. So diskutierten wir über Frequenzen und Senderstandorte, Planungen und Provisorien, wie es sie in den ersten Jahren der Senderkette von Radio 4 an vielen Standorten gab.
Danke Bob und danke an alle, die heute dabei waren. Das waren sehr schöne Erinnerungen an eine Zeit, in der sich privater Rundfunk in Deutschland noch so angehört hat, wie ich es mir eigentlich vorgestellt hatte und wie ich es aus Südtirol, aus dem Elsass und aus Ostbelgien schon in der ersten Hälfte der 80er Jahre kennen und schätzen gelernt habe. Schade, dass es solche Programme heute kaum noch gibt.