1978 habe ich von meiner Oma einen Radiowecker geerbt. Auf diesem habe ich abends die deutschsprachigen Hörfunksendungen der Auslandsdienste von Radio Prag und Radio Moskau entdeckt. Ich hatte keine Ahnung von dem, was mir die Propagandisten aus dem Ostblock damals erzählt haben. Schließlich war ich erst acht Jahre alt. Aber ich war fasziniert davon, Radio aus dem Ausland zu hören – noch dazu in deutscher Sprache.
Morgens entdeckte ich die Nachrichten und die Presseschau der BBC London sowie Radio Luxemburg. Dabei wunderte ich mich darüber, dass der Auslandsdienst aus Luxemburg so anders war als die anderen Programme, die ich auf Mittelwelle gefunden hatte. Schlager und Popmusik, lockere Sprüche und Comedy gab es hier anstelle von zehnminütigen Nachrichten und Kommentaren sowie Berichten über Land und Leute.
Ich wurde zu einem begeisterten Hörer des „Fröhlichen Weckers“ mit Matthias Krings und Axel Fitzke, wie die Frühsendung auf RTL damals hieß. Erst später begriff ich, dass es sich bei Radio Luxemburg um ein Privatradio handelte, das speziell für Unterhaltungsprogramme ins Leben gerufen wurde.
RTL begleitete mich – neben Seesendern wie Radio Caroline und Radio Monique – durch die 80er Jahre. Erst als in der zweiten Hälfte der 80er Jahre auch in Deutschland selbst Privatfunk aufkam, hörte ich die „vier fröhlichen Wellen“, wie sich Radio Luxemburg im Untertitel damals nannte (in Anlehnung an die UKW-Frequenzen 88,9 und 97,0 MHz, die Mittelwelle 1440 kHz und die Kurzwelle 6090 kHz), weniger.
Anfang der 90er Jahre wurde RTL zum Oldiesender. Das fand ich einerseits super. Andererseits wurde Radio Luxemburg zum Formatradio – und das mit einer so eingeschränkten Musikrotation, dass ich mit sehr hoher Trefferquote den jeweils nächsten laufenden Song erraten konnte. Fortan hatte ich den Sender kaum noch beachtet.
Ausgerechnet jetzt im Urlaub tat sich bei RTL wieder einmal etwas neues. Seit heute sendet die Station unter dem Claim „Deutschlands Hitradio“ ein ähnliches Format, wie es zuvor schon regional in Berlin angeboten wurde. Natürlich wollte ich heute früh in Mailand mit dabei sein. Erster Bug: Die neue Webseite unter der Adresse rtlradio.de ist mit italienischer IP-Adresse nicht erreichbar. Mit österreichischer und deutscher IP kann ich die Webseite dagegen aufrufen.
Die RTL-Radio-App für iOS funktioniert nur noch zur Hälfte. So ist die Titelanzeige am 30. Juni um 19 Uhr „stehengeblieben“. Das dürfte mit der Umgestaltung der Webseite zusammenhängen. Das Programm selbst macht einen durchaus professionellen Eindruck. Allerdings ist es im Gegensatz zum Radio Luxemburg der 70er und 80er Jahre nichts besonderes mehr. So gesehen bin ich skeptisch, ob sich das neue Format am Markt behaupten kann.
Gut verfasste Berichte, habe ich gerne gelesen!